Johanna und Eduard Arnhold – Ein Vorbild für heute

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Johanna und Eduard Arnhold – Ein Vorbild für heute

Sie waren herausragende Kunstsammler, Förderer und Philanthropen und prägten mit ihrem Engagement das künstlerische Leben von Berlin und Deutschland zur Kaiserzeit: das jüdische Stifterpaar Johanna und Eduard Arnhold. Die Nationalsozialisten löschten ihre Namen aus der öffentlichen Erinnerung, doch nun arbeitet eine Berliner Initiative daran, dieses Unrecht wieder geradezustellen. 2021 entwarf GRAFT-Gründer Lars Krückeberg einen Gedenkort für das Mäzenatenpaar und das deutsch-jüdische Bürgertum im Tiergartenviertel.

Kulturforum, sogenannte »Piazzetta«, Mai 2021 © Thomas Albrecht
Kulturforum, sogenannte »Piazzetta«, Mai 2021 © Thomas Albrecht

Ziel der Arnhold Initiative ist es, mit einer Würdigung des herausragenden Paares Johanna und Eduard Arnhold zugleich an eine Reihe mit ihnen verbundener, gleichfalls jüdischer Frauen und Männer zu erinnern, die für das öffentliche Leben in Berlin und darüber hinaus für ganz Deutschland einmal prägend gewirkt haben.

Sie haben alle in näherer Nachbarschaft im einstigen Berliner Tiergartenviertel gelebt und haben als Unternehmer oder Politiker, als Künstler, Kunstsammler und Kunstförderer, als Galeristen oder Publizisten mit ihren vielfältigen sozialen, philanthropischen Stiftungen und ihrem generösen kulturellen Mäzenatentum ein Vorbild für das geschaffen, was heute als zivilgesellschaftliches Engagement immer mehr beschworen und oftmals vermisst wird.

Eduard Arnhold (1849–1925) © Archiv Arnhold-Nachfahren
Eduard Arnhold (1849–1925) © Archiv Arnhold-Nachfahren
Johanna Arnhold (1859 –1929) © Archiv Arnhold-Nachfahren
Johanna Arnhold (1859 –1929) © Archiv Arnhold-Nachfahren

Ihre Namen sind durch die nationalsozialistische Barbarei ab 1933 ausgelöscht worden, ihre Lebensleistung ist aus dem öffentlichen Gedächtnis zumeist getilgt, ihre Gesellschaftsschicht untergegangen – wie auch das frühere Berliner Tiergartenviertel. Dort fehlt für diese einstigen Bewohner und Mäzene bis heute eine unübersehbare öffentliche Erinnerung.

Bei dieser Leerstelle im kulturellen Gedächtnis Berlins darf es nicht bleiben. Darum wurde 2021 eine Initiative gegründet, um die öffentliche Erinnerung an das Mäzenatenpaar wachzuhalten. Ein erster Erfolg war im November 2024 die Umbenennung des Platzes in der Mitte des Kulturforums zum Johanna-und-Eduard-Arnhold-Platz. Im Juli 2025 wird eine Gedenksäule mit Informationen zu Leben und Wirken des jüdischen Paares enthüllt.

Galerie Eduard Arnhold, Roter Saal mit Oberlicht © Archiv Arnhold-Nachfahren
Galerie Eduard Arnhold, Roter Saal mit Oberlicht © Archiv Arnhold-Nachfahren

Der Initiativkreis hat zudem die Künstlerinnen und Künstler Tatjana Doll, Karin Sander, Lars Krückeberg und Julian Rosefeldt eingeladen, erste Ideenskizzen für eine mögliche Gestaltung des » Johanna-und-Eduard-Arnhold-Platzes« sowie seiner unmittelbaren Umgebung zu erarbeiten.

Die vier Eingeladenen sind als frühere Stipendiaten der Villa Massimo und Rom-Preisträger mit dem Erbe Arnholds, des Stifters der Villa Massimo, verbunden. Ihre Vorschläge sind gedacht als ästhetische und urbanistische Beiträge zum kulturellen Gedächtnis wie auch als Brückenschlag zur Gegenwart: im Sinne Arnholds und mit Blick auf die hier am Ort versammelten Museen, die Philharmonie und die St. Matthäus-Kirche.

Lars Krückeberg war 2018/2019 Stipendiat in der vom Ehepaar Arnhold an den Deutschen Staat gestifteten Villa Massimo in Rom, wo er das Projekt Relativer Kosmos – Fragmentierter Oikos realisierte.

Weitere Informationen über den Verein zur Erinnerung an Johanna und Eduard Arnhold: arnhold-initiative.de

Salon mit Gemälden u.a. von Edouard Manet, Alfed Sisley und Claude Monet © Archiv Arnhold-Nachfahren
Salon mit Gemälden u.a. von Edouard Manet, Alfed Sisley und Claude Monet © Archiv Arnhold-Nachfahren

Design von Lars Krückeberg mit GRAFT Architekten:
Der Arnhold-Garten und der Meridian des Tiergartenviertels

Von dem großen bürgerlichen Engagement der Arnholds, ihrer vorbildlichen Unterstützung der modernen Kunst und den Orten ihres Wirkens hat im Grunde nichts überlebt. Die Erinnerung an die Arnholds ist nahezu ausgelöscht. Lediglich die Villa Massimo in Rom, mit seinem wundervollen Garten und den Atelierhäusern großzügig von den Arnholds dem deutschen Staate und seinen Künstlern geschenkt, ist lebendiger denn je. Das Motiv eines giardino pensile, der eine Heimstatt bildet für mentale Räume, ist bis heute eine Art Sehnsuchtsbild, dass den Deutschen wohlbekannt ist und nicht nur die Arnholds zu Suchenden im Süden werden ließ.

Ideenskizze von Lars Krückeberg: Fragment des Gartens der Villa Massimo mit Arnhold-Meridian – Johanna und Eduard Arnhold Platz © 2021 Lars Krückeberg mit GRAFT Architekten
Ideenskizze von Lars Krückeberg: Fragment des Gartens der Villa Massimo mit Arnhold-Meridian – Johanna und Eduard Arnhold Platz © 2021 Lars Krückeberg mit GRAFT Architekten

Die Deutsche Akademie in Rom ist das einzig überlebende Werk der Arnholds. Um auf diesen lebendigen Ort in Rom zu verweisen schlagen wir vor, einen Ausschnitt aus diesem Garten in das Kulturforums einzuschneiden und zu transportieren. In einer Art gedanklicher Archäologie entdecken wir ein Stück Villa Massimo auf dem Berliner Kulturform. Ein über sich hinausweisender Ort der Ruhe und Besinnung entsteht genau dort, wo die Erinnerung an die Wohnstatt und das Wirken der Arnholds verschwunden ist – beleuchtet mit derselben Sonne, die über Rom und Berlin steht.

Blick auf den Gedenkort
Ideenskizze von Lars Krückeberg: Fragment des Gartens der Villa Massimo mit Arnhold-Meridian – Johanna und Eduard Arnhold Platz © 2021 Lars Krückeberg mit GRAFT Architekten

Der Gedanke des Lichtes und der vergessenen Lebenszyklen des deutsch-jüdischen Bürgertums im Tiergartenviertel erweitert das Motiv eines Hortus conclusus mit dem eines sinnstiftenden Meridians. Dieser soll aber durch Licht und nicht durch Schatten agieren und durch das Anzeigen des Tages vor allem vergessene Zeiten beleben. Der Lichtpunkt eines katoptrischen Spiegelgnomons im Garten wird so über das Jahr hinweg am Mittag den Meridian berühren und hier die Geburtstage oder wichtige Ereignisse aus dem Leben bedeutender Menschen aus dem Tiergartenviertel beleuchten, eine Art wiederkehrendes spotlight auf vergessene Geschichte und Geschichten. Dies wird exemplarisch nahe des Sommersolstitiums: kurz bevor der Sonnenfleck am 21.Juni umkehrt, wird er für 4 Tage eine Plakette/Relief/Gedenkfläche der Arnholds illuminieren, die am 10. (Eduard) und 14.Juni (Johanna) Geburtstag hatten. An diesem Ort verbindet sich der Meridian und sein Licht mit dem Garten.

So entsteht eine Licht-, Zeit- und Raumbeziehung zwischen den Arnholds und weiteren Protagonisten des verschwundenen jüdischen Lebens an diesem Ort: der Meridian des Tiergartenviertels und der Garten der Arnholds.

Portraitfoto von Lars Krückeberg
Lars Krückeberg ©Christian Thomas

Über Lars Krückeberg

Lars Krückeberg, 1967 in Hannover geboren, studierte Architektur an der Technischen Universität Braunschweig, der Università degli Studi di Firenze und dem Deutschen Institut für Kunstgeschichte in Florenz. Er machte seinen Abschluss als Dipl.-Ing. Arch. in Braunschweig und erhielt seinen Masterdegree in Architektur am SouthernCalifornian Institute of Architecture SCI Arc, Los Angeles.

Nach Gastprofessuren an der Hafen City Universität Hamburg sowie der RWTH Aachen hatte Lars Krückeberg 2017/18 eine Gastprofessur an der TU Delft inne. 1998 gründete Lars Krückeberg in Los Angeles das Büro GRAFT Architects gemeinsam mit Wolfram Putz und Thomas Willemeit. GRAFT hat seitdem zahlreiche internationale Preise gewonnen und beschäftigt rund 100 Architekt:innen weltweit.

Zusammen mit Marianne Birthler kuratierten Lars Krückeberg, Wolfram Putz und Thomas Willemeit den Deutschen Pavillon bei der Architekturbiennale 2018 in Venedig mit dem Projekt »Unbuilding Walls«. Davor kuratierte Krückeberg mehrere Ausstellungen u.a. in Berlin, Hamburg, München, New York, Karlsruhe, Los Angeles und Riga. 2018/19 war Lars Krückeberg Stipendiat und Preisträger der Deutschen Akademie Villa Massimo in Rom. Krückebergs Vorschläge für eine Gestaltung des »johanna und eduard arnhold platzes« auf dem Kulturforum in Berlin-Tiergarten schlagen, ganz im Geiste des auch in Florenz und Rom engagierten Stifterpaares Arnhold, eine motivische Brücke zwischen Berlin und Italien. An seinem Entwurf mitgearbeitet haben Wolfram Putz und Thomas Willlemeit.