Wir trauern um unseren Freund Prof. Joachim Sauter

Joachim Sauter

MEISTER DER WAHRNEHMUNG

Prof. Joachim Sauter
* 16.05.1959 † 10.07.2021

Der viel zu frühe Tod unseres lieben Freundes und Weggefährten Joachim Sauter hinterlässt eine schmerzhafte und nicht zu schließende Lücke. Mit ihm verlieren wir einen Seelenverwandten, ein prägendes Gegenüber und einen inspirierenden Partner bei zahlreichen Ausstellungs- und Forschungsprojekten. Wir denken in diesen Tagen voller Dankbarkeit an die vielen von gemeinsamer Begeisterung, Staunen, von freudvoller gestalterischer Suche und von viel Lachen geprägten Momente. Kaum jemand war so bereit für „serendipity“ – für den Moment der Entdeckung - mit ihm konnten wir im wahrsten Sinne des Wortes erfinden.

Den ersten intensiven Austausch hatten wir 2004 auf der Aspen Design Conference. Christian Möller, ein alter Freund von Joachim und Kurator der Konferenz, hatte uns alle zu dieser Woche intensiver Begegnungen in den Bergen Colorados eingeladen, wo wir bei dünnem Bier in dünner Luft schnell merkten, dass wir mit Joachim gemeinsam träumen konnten und die Schnittstellen, das Dazwischen unserer kreativen Disziplinen mindestens genauso spannend fanden, wie die uns zugewiesenen Expertenstellen im Konferenzbetrieb. Joachim war früh in diese Zwischenräume des Kreativseins am Anfang der Digitalisierung hineingestoßen, hatte Chancen und Versprechen dieses Aufbruchs als Erster gesehen, genutzt und maßgeblich mit seinem Werk mitgestaltet.

In die Erinnerung hat sich eingebrannt, wie wir auf dem Campusgelände der in Aspen plötzlich alle gemeinsam in einen der Wohnpavillons flüchteten, weil die Bären aus den Bergen das Konferenzgelände und deren Mülleimer heimsuchten. Dank Minibar und der positiven Energie Joachims waren wir schon in kürzester in Gedankensprüngen vom Bär zu neuer Euphorie unterwegs und verpassten die offizielle Entwarnung aufgrund des guten Gesprächs.

Joachims virtuoses Spiel mit der Wahrnehmung im Grenzbereich von Mensch und Maschine und seine besondere Fähigkeit, virtuelle und physische Räumen miteinander zu verknüpfen und zu verschmelzen, hat uns fasziniert. Er hat dabei weit vorausdenkend und nebenbei auch die klassischen Grenzen der Architektur und des physischen Raumes in Frage gestellt. Seine Fähigkeit, immer neu der Schwelle zwischen phänomenologischer Wahrnehmung und wissenschaftlicher Erkenntnis zu überschreiten, hat uns immer begeistert. Gerade in dieser Begeisterungsfähigkeit und seiner Liebe für die Wahrnehmung des Gegenübers, seinem freudvollen Optimismus und seiner Lust auf das technisch und medial zukünftig Machbare, lagen auch seine Schlüssel für die Adressierung globaler Fragen in einer digital zusammenwachsenden Welt. Seine uneitle Professionalität und kompromisslose Suche nach Qualität, Konsistenz und Relevanz wird uns für immer in Erinnerung bleiben.

Wenn man heute von einer international relevanten Berliner Kunst- und Kreativszene sprechen kann, dann ist das auch ihm zu verdanken, sie verliert mit ihm einen wichtigen Eckpfeiler.

Wir haben viele Projekte gemeinsam konzipiert, geplant und manches auch realisiert. Immer suchte man die Möglichkeit in den eigenen Aufträgen, den anderen irgendwie zu integrieren. Jetzt, zur Eröffnung der Olympischen Spiele in Tokio, sah man den zur Gestalt gewordenen Drohnenschwarm über dem Stadion, den wir schon 12 Jahre zuvor uns gemeinsam als technische Grundlage für den Entwurf des Einheits- und Freiheitsdenkmals ausgedacht hatten. Damals noch an der Grenze des technisch beherrschbaren und wahrscheinlich nicht bezahlbaren, ist er heute für einen anderen Zweck durch andere Träger des kreativen Staffelholzes entstanden.

Dass Joachim mit vielem so visionär, so früh die Zukunft gedacht hat und dann immer mal wieder warten musste, bis die Zeit reif wurde, macht seinen Tod noch trauriger. Wie ein Gärtner, der diese Zeit braucht, um seine Ideen in voller Blüte stehen zu sehen, so hätten wir Joachim noch mehr Zeit gewünscht, dass er manchen seiner gegenwärtigen Träume, nicht zuletzt seine noch junge Familie mit Arto und Johanna, hätte weiter wachsen sehen können.

Als international geschätzter Medienkünstler und Hochschullehrer war Joachim einer der weltweit wichtigsten Vordenker der Verbindung zwischen digitaler Entwicklung und interaktiver Kunst, zwischen physischem und virtuellem Raum.
Als Mensch, als Freund und Partner wird uns Joachim so sehr fehlen – aber auch ein Vorbild bleiben, ein Beispiel immer weiterzugehen und: nie die Hoffnung aufzugeben. Was er uns und vielen Wegbegleitern geschenkt hat, wird uns grenzenlos mit ihm verbinden.

Joachim hat nicht nur unser Denken und Arbeiten mitgeprägt, er hat in unseren Herzen eine tiefe Spur hinterlassen.

Lars Krückeberg, Wolfram Putz, Thomas Willemeit und alle Grafties

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